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Was ist Regie heute? Einblick in die Podiumsdiskussion

Koerber Studio I Foto: Krafft Angerer

Lisa Wagner, 26 Jahre alt, studiere seit 2017 Theaterregie an der Theaterakademie Hamburg (TAH).

Ich habe mir einen Kaffee geholt und setze mich mit Block und Stift in die zweite Reihe, mit gutem Blick auf die vier Frauen die mir gegenüber aufgereiht sitzen und nun heute eine Podiumsdikussion abhalten. Mit mir im Raum sitzen ca. 80 weitere Menschen, fast alle Studierende oder Dozierende an einer deutschssprachigen Theaterhochschule oder Universität. Vor mir sitzen die mir sehr bekannte Sabina Dhein (Direktorin der Theaterakademie der HfMT Hamburg, an der ich seit 2017 studiere), die mir kaum bekannte Dr. Elisabeth Schweeger (Künstlerische Direktorin und Geschäftsführerin + Dozentin + Stellv. Studiengangsleiterin Dramaturgie der ADK Baden Württemberg in Ludwigsburg, die ich hauptsächlich von einer Aufnahmeprüfung 2017 kenne), die mir bis dato unbekannte Prof. Amélie Niermeyer (Abteilungsleiterin Schauspiel am Thomas Bernhard Instituts am Mozarteum in Salzburg) und die Moderation: Emilia Heinrich (Dramaturgin Thalia Theater) die ich heute ebenfalls zum ersten Mal sehe und die nun mit gelassener Stimme und angenehmer Unaufgeregtheit die Diskussion eröffnet.

Erstmal erzählen alle was sie alles tolles an ihren Instituten gemacht und vorangetrieben haben: Recherche-Module, Interdisziplinäres Arbeiten, einen neuen Masterstudiengang namens „Applied Theater“ (übersetzt Angewandtes Theater), dabei fallen auch Begriffe wie Regie-Handwerk und Prof. Niermeyer, die selbst als Regisseurin tätig ist, stellt in Frage ob es so etwas überhaupt gibt. „Ganz ehrlich ich weiß es nicht“, eine wie ich finde mutige und sympathische Aussage die sie leider selbst wieder schwächt, indem sie immer wieder versucht die Kolleg*Innen von der Ernst-Busch zu rate zu ziehen, da die ja angeblich wüssten, was das sei und wie das ginge, das mit dem Regiehandwerk. Nachdem auch der Genderdiskurs kurz angerissen wurde, wird im folgenden betont wie wichtig und immer wichtiger flache Hierarchien und Zusammenarbeit ist. Es fällt das Zitat „Bildet Banden“ wobei es für Schweeger und Dhein wichtig schien zu klären, ob dieser Slogan nun einer ADK- oder einer TAH-Ikone zuzuschreiben ist… und irgendwann wird diese Diskussion dann auch für die Anwesenden geöffnet. Viel zu spät wie ich finde und ich frage mich sowieso schon von Anfang an, warum nicht zumindest ein*e Student*in auf diesem Podium sitzt. Warum es über das gesamte Festival keine öffentlichen Diskussionen unter Studierenden gegeben hat. Viel zu sät deswegen weil ich unmöglich all die Fragen und Anmerkungen unterbrngen kann, die ich mir im Laufe der letzten Stunde notiert habe, und die mir jetzt beim Schreiben in den Fingern brennen:

„Der Geniebegriff ist überholt, das wissen wir alle“, sagte z.B. Prof. Niermeyer und im nächsten Atemzug geht es um Kollektive. Wenn der Genikult durch wäre müsste ich mich in meiner Ausbildung nicht vorrangig mit cis-männlichen Autoren wie Brecht und Goethe beschäftigen oder Castorf und Wilson um lebende Beispiele zu nennen. Auch Kollektive schützen vor Geniekult nicht. Ob es kollektives Arbeiten überhaupt wirklich geben kann wurde in Frage gestellt und dann die Studierenden aus Hildesheim zu Rate gezogen, die ja als Kollektiv „taft“ bei diesem Festival antraten. Thilo Grawe antwortete, dass er sich bei der Frage „was Regie heute ist“ schon mal gar nicht angesprochen fühle, weil er nicht Regie studiere, sondern szenische Künste. Wir sollten uns mindestens die Frage stellen „was ist Theater heute und was kann Theater sein“. Friederike Hänsel macht des weiteren darauf aufmerksam, dass von flachen Hierarchien gesprochen wird, wir uns aber immer noch in diesen Kategorien befinden von Schauspiel und Regie etc. in denen sie gar nicht denkt. „Um Theater zu machen brauch eich keine Regie. Auch keine Schauspieler.“ Wieder die Frage wofür Regie eigentlich da ist oder da sein sollte. Katharina Grosch von der TAH meldet sich zu Wort: „Es wird sehr viel davon geredet dass Regisseur*Innen sich mehr zurücknehmen sollten, dabei geht es in einem guten Team um gegenseitiges Empowerment.“

„Ich habe das Gefühl es wird sehr viel gefordert, anstatt zu unterstützen. ‚Warum bringst du dich nicht ein‘ anstatt sich selbst zu überlegen warum manche Leute keinen Bock haben sich einzubringen oder sich nicht einbringen können.“ sagt Anne Küper vom Kollektiv taft. Und da sind wir dann wieder bei dem Punkt, dass man das Regiestudium der Zukunft eben nicht unabhängig von allen andern Studiengängen an einer Theaterhochschule gestalten kann, weil wir sonst nie aus diesen patriachisch geprägten, hierarchischen Strukturen rauskommen.

Ich gehe verwirrt, geschafft und trotzdem sehr hoffnungsvoll aus dieser Diskussion.

3 Gedanken zu „Was ist Regie heute? Einblick in die Podiumsdiskussion“

  1. Witzig, wir habend das gleiche Zitat mit dem nicht angesprochen fühlen unterschiedlichen Leuten von taft zugeschrieben:)

    Du hast eine mögliche Perspektive super gut auf den Punkt gebracht! Vielen Dank

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